Archiv (Tag): Alte Rezepte

Hippokras – mittelalterlicher Würzwein

BildIch liebe ja Rezepte aus anderen Zeiten, ob jetzt römisch, mittelalterlich oder auch nur 100 Jahre alt – es fasziniert mich immer wieder, wie gekocht wurde und welche praktischen Umstände oder auch Philosophien dahinter standen!

Aus dem Mittelalter ist ein Rezept überliefert, das gleichzeitig zu den Genuss- wie auch Heilmitteln (wie schon der Name vermuten lässt) gehört. Es ist eigentlich ein scharfer Glühwein, mit viel Zimt, Ingwer und Galgant, eines der Lieblingskräuter von Hildegard von Bingen:

“Wer im Herzen Schmerzen leidet und wem von Seiten des Herzens ein Schwächeanfall droht, der esse sogleich eine hinreichende Menge Galgant und es wird im besser gehen. Und ein Mensch, der ein hitziges Fieber in sich hat, trinkt Galgantpulver in Quellwasser und er wird das hitzige Fieber löschen.“

Galgant ist ziemlich peffrig und erhitzt den Körper. Es gibt bei einer sich ankündigenden Erkältung wirklich nichts besseres, als eine Tasse dieses Würzweins – man sollte nach dessen Genuss direkt ins Bett, denn man fängt an zu schwitzen. Und am nächsten Morgen – so meine Erfahrung – hat sich die Erkältung oft erledigt.
Es wäre aber zu schade, den Hippokras nur zu trinken, wenn man krank wird, auch einfach so, im Winter für zwischendurch, ist er ein Genuss!

Frische Galgantwurzel, die zur Familie der Ingwergewächse gehört, habe ich noch nicht verarbeitet. Für den Würzwein eignet sich am besten das Pulver (harte, getrocknete Wurzelstückchen vegetieren in meiner Schublade schon seit Jahren so dahin, ich kriege sie nicht klein 😎 ; wenn, dann muss man sie ganz verwenden. Die Intensität des Pulvers ist in diesem Fall größer).

Auch der Zimt hat gesundheitsfördernde Wirkung, er wirkt keimtötend gegen Pilze, Bakterien und Viren.

Und auch Ingwer ist wegen seiner wärmenden Inhaltsstoffe gegen Erkältungskrankheiten sehr geeignet.

OK, hier das Rezept:

  • 1 l trockener Rotwein oder Weißwein (ich: Weißwein
  • 100 – 150 Puderzucker oder Zucker (brauner Zucker geht auch)
  • 8 g Zimtpulver
  • 4 g Galgantpulver
  • 4 g Ingwerpulver und 2 cm frischer Ingwer, geschält und in Scheiben geschnitten
    bis hier sind die Gewürze „Pflicht“, alles danach ist „Kür“
  • 1 TL Orangenzesten
  • 1/4 Vanilleschote oder echtes Vanillepulver
  • 4 Kardamomkapseln (angestoßen)
  • 2 Sternanis
  • ….

Den Wein samt der anderen Zutaten in einen Krug oder ein großes Einmachglas geben und gut vermischen (wenn normaler Zucker verwendet wird, empfiehlt es sich, zuerst den Zucker mit dem Wein gut vermischen, so dass er weitestgehend aufgelöst ist).


Hier sind 3 Liter angesetzt; das Gewürz findet sich hier am Boden; so kann man den Hippokras dann am besten abseihen.

3 Tage ziehen lassen, am 1. und 2. Tag jeweils einmal gut umrühren, dann warten, bis sich der Wein wieder geklärt hat.Dann mehrmals durch Gaze (erst einlagig, dann doppellagig) abseihen, bis möglichst alle Schwebestoffe aus der Flüssigkeit herausgefiltert sind.

In eine Flasche füllen und dunkel und kühl aufbewahren.

Durch den Alkohol und den Zucker sehr lange haltbar. Ich habe schon mal eine Jahre vergessene Flasche wiederentdeckt 😳 – war noch völlig ok…

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Moretum – römischer Brotaufstrich

Die Römer wussten gut zu leben, das wissen wir u.a. aus ihren überlieferten Rezepten…

Eines davon ist Moretum, ein „vegetarischer Brotaufstrich“ 😉 !

Es gibt „unzählige“ Rezepte im Netz, die auf irgendwelche römische Quellen zurückgehen (sollen). Den meisten ist gemeinsam, dass sie Schafskäse oder Ziegenkäse und „Grünzeug“ verwenden.

Vor Jahren, im Rahmen eines Römerprojekts, haben wir römische Speisen angeboten, u.a. Moretum. Damals habe ich ein Rezept gefunden (die Quelle weiß ich leider nicht mehr), das mit Frischkäse angerührt wurde.

Während der ganzen Jahre ist es in unserer Familie der Hit geblieben und  jeder, der es probiert, ist ziemlich begeistert.

Rezept:

  • 1 Handvoll Rucola
  • 3 Frühlingszwiebeln
  • 100 g Walnüsse
  • 1 Teebeutel Pfefferminztee (wahlweise etwas frische Minze)
  • 1 – 2 TL Essig (z.B. Balsamico; geht aber auch anderer Essig)
  • 2 Pck. Frischkäse (je 200 g)

Erste 3 Zutaten kleinhacken oder kleinschneiden, dann diese Zutaten mit den restlichen in einer Schüssel verrühren, abschmecken mit Salz und Pfeffer – fertig!

Dazu: römische Mostbrötchen und Datteln, gefüllt mit Schafskäse…

Ave, Cäsar Bild

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Mustea -römische Mostbrötchen – Variationen

Extra nochmal überarbeitet und modifiziert und dann eingereicht bei Stefanie (Hefe und mehr), die diesen Monat Gastgeberin bei Zorras Bread-Baking-Day mit dem Thema „Althergebrachtes“ ist. Na ja, althergebrachten sind sie, die römischen Mostbrötchen…:

Wie kann ich möglichst „authentisch“ römische Mostbrötchen herstellen – das war meine Frage, denn im Netz kursieren nur Rezepte mit viiiiiel industrieller Hefe (sei es Würfel- oder Trockenhefe) oder sogar Backpulver…

Es ging mir also zum einen um ein Triebmittel, das es schon bei den ollen Römern gab, zum anderen aber auch um Getreidesorten, die die Römer benutzen.

Wenn die Brötchen „Mostbrötchen“ heißen, ist davon auszugehen, dass die Wildhefe, die sich im vermosteten Traubensaft anfällt, zum Backen benutzt wurde – so wie sie sich z.B. beim Federweißer / Neuen Wein am Boden absetzt. Nun hat man ja nicht das ganze Jahr über Federweißer zur Verfügung, also welche Alternativen gibt es?

Ich war ohnehin dabei, mit Wildhefewasser zu experimentieren und so beschloss ich, das Wildhefewasser mit Traubensaft weiterzuführen – ein voller Erfolg vom Geschmack her!

In einem weiteren Versuch habe ich jetzt zunächst einmal die Brötchen mit Anteilen von alten Getreidesorten wie Emmer, Kamut aber auch Hartweizen gebacken, die für die Antike belegt sind.
Als Schüttflüssigkeit wird im ersten Rezept komplett das Hefewasser genommen und man riecht die Hefe auch richtig beim Aufschneiden. Sie schmecken sehr gut, aber es sind halt Hefebrötchen…(und ich mag mehr den Sauerteig :oops:).

——————— hier das 1. Rezept, das 2. weiter unten ————————

Mustea mit alten Getreidesorten und Wildhefe

Starter (am Vortag ca. 15:00 Uhr)
50g Emmer (VK)
50g Hefewasser (Zimmertemperatur; ggf. eine halbe Stunde aklimatisieren lassen)
am Vortag vermischen und bei Zimmertemperatur (eher nicht zu kalt) 4 – 6 Std. gehen lassen

Auffrischung (20:00 Uhr):
Starter plus
100g Kamut (VK)
100g Hefewasser
verrühren über nacht bei Zimmertemperatur gehen lassen

Kochstück (am nächsten Morgen)
15 g WVK-Mehl
75g Wasser
zu einer Art „Pudding“ kochen und abkühlen lassen

Haupteig
Vorteig, Kochstück
185 g WVK
125 Hartweizengries
125 g Weizenmehl 1050er
170 – 190 g Hefewasser
1 TL Honig
1 TL Salz
2 EL Parmesankäse
½ TL Brotgewürz (Anis, Kümmel gemahlenes Lorbeerblätter)
2-3 EL Olivenöl oder Schmalz (Schmalz steht im Originalrezept, allerdings extrem viel Schmalz…)

Alle Zutaten – bis auf das Öl – 5 Minuten kneten, dann das Öl zugeben und weitere 10 Minuten kneten.

Teigruhe: 40 – 50 Minuten
dazwischen 2 x stretch & fold (nach jeweils 15 Minuten)

Brötchen schleifen, den Schluss in WVK-Mehl drücken, mit Schluss nach unten auf Backpapier setzen und 1 ½ bis 2 Stunden zur Stückgare stellen.
Brötchen mit Spritze befeuchten, Lorbeerblatt andrücken, umdrehen (so dass der Schluss nun oben ist), bei 230 Grad mit Schwaden einschießen, nach 8 Minuten auf 200 Grad runterregeln und 10 – 15 Minuten fertigbacken.

So, jetzt habe ich hier noch eine Variante mit Weizensauerteig!

Den Sauerteig gab es schon im alten Ägypten; die Römer haben den Sauerteig durch ihre Eroberungen auch kennengelernt. Wenn im Neuen Testament, sowohl Jesus wie auch Paulus gleichnishaft vom Sauerteig reden, kann man davon ausgehen, dass die Römer spätestens durch die Besetzung Ägyptens einerseits und Israel andererseits mit Sauerteigbroten /-brötchen in Kontakt gekommen sind.
Ausreichende Gründe, auch eine Mustea-Variante mit Hefewasser, Sauerteig und alten Getreiden zu backen:

Mustea mit alten Getreidesorten, Wildhefe und Sauerteig

Starter (am Vortag ca. 15:00 Uhr)
50g Emmer (VK)
50g Hefewasser (Zimmertemperatur; ggf. eine halbe Stunde aklimatisieren lassen)
am Vortag vermischen und bei Zimmertemperatur (eher nicht zu kalt) 4 – 6 Std. gehen lassen

Auffrischung (20:00 Uhr):
Starter plus
100g Kamut (VK)
100g Hefewasser
verrühren über nacht bei Zimmertemperatur gehen lassen

Sauerteig (am Vorabend)
50 g WVK-Mehl
50 g Wasser
5 -10g Anstellgut

Haupteig
Vorteig, Sauerteig
135 g WVK
125 Hartweizengries
125 g Weizenmehl 1050er
90g – 100g Hefewasser
90g – 100g Wasser
1 TL Honig
1 TL Salz
2 EL Parmesankäse
½ TL Brotgewürz (Anis, Kümmel gemahlenes Lorbeerblätter)
2-3 EL Olivenöl oder Schmalz (Schmalz steht im Originalrezept, allerdings extrem viel Schmalz…)

Alle Zutaten – bis auf das Öl – 5 Minuten kneten, dann das Öl zugeben und weitere 10 Minuten kneten.

weiter wie oben…

Und weil das Ganze grad so gut passt, reiche ich diese beiden Varianten über Stefanie (Hefe und mehr) für Zorras Bread Baking Day #68 für den Mai 2014 ein :D!

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